Rechtsextremismus als männliche Domäne
Rechtsextrem motivierte physische Gewalt ist eine „maskuline Domäne“. So liegt der Anteil der männlichen Wähler rechtsextremer Parteien im Schnitt bei zwei Dritteln. Dieser Anteil ist seit je her gleich und relativ unabhängig davon, um welche rechtsextreme Partei bzw. Liste oder Vereinigung es sich handelt und welcher Wahltyp zugrunde gelegt wird. Noch deutlicher wird der geschlechtsspezifische Unterschied, wenn es um den Anteil männlicher Täter von rechtsextrem motivierten Gewalttaten geht, der bei 90% liegt.
Umso mehr verwundert es, dass geschlechterreflektierte Ansätze der Präventionsarbeit gegen rechtsextreme Einstellungen und Handlungsmuster bisher wenig entwickelt sind, zumal Evaluationen der Programme gegen Rechtsextremismus diese Ansätze als eine erfolgversprechende Strategie bewerten.
Überlegenheit als Männlichkeitsanforderung
Mit dem Projekt „Jungenarbeit und Schule (JuS)“ bieten wir ein Konzept der geschlechterreflektierenden Jungenarbeit als Prävention rechtsextremer Einstellungen und Handlungen an. JuS nimmt hilfreiche Stränge innerhalb der Diskussionen der kritischen Männlichkeiten- und Jungenforschung auf, anhand derer Zusammenhänge von rechtsextremen Einstellungen und Handlungsmustern und der Konstruktion von Männlichkeit ableitbar werden. Männlichkeit wird in diesen Ansätzen als ein Ergebnis historischer und sozialer Herstellungsweisen verstanden. Geschlecht und damit Männlichkeit gilt nicht als vorausgesetzt, sondern ist stets aus den konkreten Kontexten zu rekonstruieren. Besonderes Augenmerk wird in der Rekonstruktion von Männlichkeit auf den Aspekt der An- und Aufforderung zur Überlegenheit gelegt. Die Vorstellung von „männlicher Überlegenheit“ ist unseres Erachtens ein Ausgangs- und Schnittpunkt zu anderen Überlegenheitsvorstellungen rechtsextremer Ideologie - nicht zuletzt, weil sie bloß eine Variante normalerMännlichkeitsanforderung darstellt.
Diesen theoretischen Überlegungen folgend, übertragen wir Erfahrungen einer geschlechterreflektierten Jungenarbeit in die präventive Arbeit gegen rechtsextreme Einstellungen und Handlungsmuster. Eine geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen stellt dabei keine umfassende Präventionsstrategie dar, sondern ist eine gute Ergänzung für bestehende Präventionskonzepte zum Thema Rechtsextremismus. Da den Geschlechtervorstellungen in einer frühen Phase lebensweltlicher Orientierung eine besonders wichtige Rolle zukommt, wirkt eine geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen im besten Sinne präventiv gegen Rechtsextremismus.